Daß ich keine klassische photographische Ausbildung genossen habe, sondern sozusagen auf dem zweiten Bildungsweg zur Photographie gekommen bin, habe ich schon an anderer Stelle gestanden. Bleibt hinzuzufügen, daß mir mein naturwissenschaftlicher Hintergrund das mitgegeben hat, was wohlwollendere Zeitgenossen mit "professioneller Deformation" umschreiben: ein starker Hang zur Perfektion, das übergroße Interesse am Detail und die schlechte Angewohnheit, wo immer möglich die Grenzen des Machbaren auszuloten. Charaktereigenschaften, die manchmal ziemlich lästig sind, in der Photographie allerdings auch ihre Vorteile haben können - ausreichende Leidensfähigkeit vorausgesetzt.
So entstand meine Vorstellung einer Photographie ohne
Kompromisse. Kurz gesagt geht es darum, eine Situation
auf die in jeder Hinsicht bestmögliche Weise
umzusetzen, um so eine maximale Bildwirkung zu
erzielen. Die wichtigsten Elemente hierbei sind (1)
Licht, (2) Aufnahmesystem, und (3)
Bildpräsentation.
Licht
Für jedes Motiv gibt es eine bestmöglich
geeignete Art von Licht. Das ist mal das warme Licht
der aufgehenden Sonne, ein anderes Mal das weiche Licht
im Schatten einer Wolke am frühen Nachmittag, dann
wieder das gedämpfte Licht eines Regentages oder
die Dämmerung nach Sonnenuntergang - entscheidend
ist immer die Abstimmung auf das gewählte Motiv.
Lichtqualität hat einen enormen Einfluß
darauf, wie wir einen Gegenstand wahrnehmen - seine
Räumlichkeit, seine
Oberflächenbeschaffenheit, seine Beziehung zu
seiner Umgebung. Deshalb steht für mich eine
optimale Abstimmung von Licht und Motiv an zentraler
Stelle.
Da man als Landschaftsphotograph auf das vorhandene natürliche Licht angewiesen ist, ist für die meisten Bilder ein erheblicher Zeitaufwand nötig - daß man ein Motiv aufsucht und spontan gutes Licht vorfindet ist die Ausnahme. In der Regel kehre ich daher zu einem einmal identifizierten Motiv immer wieder zurück, solange, bis schließlich alles perfekt zueinander paßt und genau die Aufnahme entstehen kann, die mir vorgeschwebt hat.
Auf diese Weise dauert es manchmal Jahre und
benötigt Dutzende Anläufe, bis sich ein
geplantes Bild realisieren läßt.
Beispielsweise hat mich meine "Outbreak" getaufte
Aufnahme alles zusammengerechnet über 100 km
Fußmarsch durch unwegsames Gelände gekostet,
die Hälfte davon im Dunkeln, zum Teil bei
Temperaturen um -15°C, und immer mit rund 18 kg
Ausrüstung auf dem Rücken. Das Ergebnis
dieser Beharrlichkeit versöhnt dann aber in aller
Regel mit dem investierten Aufwand -
außergewöhnliche Resultate sind in der
Landschaftsphotographie nicht ohne Anstrengung zu
haben.
Aufnahmesystem
Das Aufnahmesystem - weniger hochtrabend
ausgedrückt: die Kamera - legt die erreichbare
technische Qualität einer Aufnahme fest, also
unter anderem Auflösung und Schärfe. Wer
einmal einen ausreichend großen Abzug von Ansel
Adams oder Clyde Butcher gesehen hat, wird den
unglaublichen Detailreichtum dieser Bilder nicht mehr
vergessen. Was die Detailfülle und das zur
Bildaufzeichnung verwendete Medium (sei es Film oder
ein Digitalchip) betrifft, so gibt es einen sehr
simplen Zusammenhang: je größer das Medium
ist, desto mehr Bildinformation kann es aufzeichnen,
und desto mehr Einzelheiten sind in einem Bild zu
erkennen.
Aus diesem Grund verwende ich Großformatkameras im Planfilmformat 5 x 7 inch (bzw. 5 x 13 inch für Panorama-Aufnahmen). Ein 5 x 7 inch-Dia hat die 25-fache Fläche eines Kleinbild-Dias, kann also die 25-fache Informationsmenge aufzeichnen. Auf das fertige Bild übertragen heißt das, daß Abzüge von anderthalb Metern Breite und mehr in perfekter Qualität angefertigt werden können, die keine Spur von Filmkorn zeigen und die eine faszinierende Fülle kleiner und kleinster Einzelheiten des dargestellten Motivs enthalten - nicht selten entdecke ich in meinen Abzügen Details, die mir im Moment der Aufnahme überhaupt nicht aufgefallen waren.
Die Ablösung von Film durch Digitalkameras scheint
unaufhaltsam zu sein. Dabei wird aber oft
übersehen, daß sich heute noch lange nicht
alles digital realisieren läßt, was das
Medium Film ermöglicht. Insbesondere im high
end-Bereich, wo maximale Bildqualität zählt,
ist Film bis heute ungeschlagen. So wurde in einem sehr
sorgfältig durchgeführten Vergleichstest ermittelt, wie sich das
Auflösungsvermögen von professionellen
Digitalkameras zur Auflösung von Film
verhält. Aus den Ergebnisse läßt sich
ablesen, daß eine Digitalkamera eine
Auflösung von ca. 320 Megapixeln benötigte,
um die Informationsmenge einfangen zu können, die
ein 5 x 7 inch großes Blatt Planfilm aufnehmen
kann. Das heute größte erhältliche (und
in der Preisklasse eines Mittelklasseautos
angesiedelte) Digitalrückteil, das IQ180 von Phase
One, weist eine Auflösung von gerade einmal 80
Megapixeln auf: das dürfte klar machen, daß
Film noch einige Zeit seine Daseinsberechtigung haben
wird.
Bildpräsentation
Um eine technisch gelungene Photographie adäquat
zur Wirkung zu bringen, muß sie in
vergrößerter Form dem Betrachter
zugänglich gemacht werden - was in der Regel in
Form einer Vergrößerung auf
lichtempfindliches Photopapier oder neuerdings auch in
Form eines InkJet-Drucks erfolgt. Größe ist
dabei ein wichtiger Faktor: je größer ein
Bild, desto intensiver seine Wirkung - vorausgesetzt,
die Vergrößerung ist nicht so stark,
daß die technischen Grenzen des Aufnahmesystems
in Form von Filmkorn, Pixeln, Unschärfe etc. in
Erscheinung treten. Womit wir wieder bei den bereits
diskutierten Vorteilen der Großformatphotographie
auf Planfilm wären, die sehr große
Abzüge in makelloser Qualität erlauben.
Die Entwicklung von Laserbelichtern war ein Durchbruch in der Labortechnik und gipfelte in der Konstruktion des LightJet, des besten Geräts zur Herstellung photographischer Abzüge, das je gebaut wurde. Laser in den drei Grundfarben Rot, Grün und Blau belichten lichtempfindliches Photopapier und bauen das Bild aus einzelnen Zeilen mikroskopischer Breite auf. Das Ergebnis sind Abzüge einer extremen Schärfe und einer wunderbaren Farbdifferenzierung. Die Abzüge meiner Arbeiten entstehen daher ausschließlich mittels eines LightJet 500 XL.
Wie aber bringt man einen fertigen Abzug anschließend optimal zur Geltung? Lange Zeit war das sogenannte "Diasec"-Verfahren anerkannter Goldstandard. Hier wird die Photographie ganzflächig hinter eine Scheibe aus Plexiglas geklebt ("kaschiert"), wobei ein transparenter, zu einem hauchdünnen Film ausgewalzter Silikonklebstoff zur Anwendung kommt, der nicht sichtbar in Erscheinung tritt. Das Resultat ist eine erstaunliche Tiefenwirkung des Bildes, weswegen "Diasec" sehr große Beliebtheit erlangt hat; beispielsweise wäre die Wirkung der wandfüllenden Photographien von Andreas Gursky ohne Diasec eine völlig andere und ganz erheblich "flacher".
Hinter Plexiglas kaschierte Abzüge waren für mich ein großer Schritt in die richtige Richtung, allerdings hat mich dieses Material wegen seiner extremen Empfindlichkeit und der oft mangelnden Planlage nie vollständig überzeugt. Nach vielen vergeblichen Anläufen konnte ich mein Labor endlich dazu überreden, bei der Kaschierung anstelle von Plexiglas interferenzoptisch entspiegeltes Mineralglas, sogenanntes Museumsglas, einzusetzen. Das Resultat der ersten Tests übertraf sämtliche Erwartungen: Auf diese Weise veredelte Abzüge zeichnen sich nicht nur durch wunderbar frische und fein differenzierte Farben aus, sondern haben eine geradezu umwerfende Plastizität und Brillianz, die alles in den Schatten stellen, was an Alternativen zur Bildpräsentation existiert. Mittels dieser (mittlerweile unter dem Namen "UltraSec® M" bekannten) Technik hergestellte Photographien liegen auf einem Qualitätsniveau, welches bis vor kurzem einfach nicht vorstellbar war. Also genau richtig, wenn das Thema "Photographie ohne Kompromisse" lautet.
[Kurzer Text]